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Dr. W. Mönch
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Divertikelkrankheit

Krankheiten > Dickdarm
Inzidenz
In westlichen Industrieländern sind Frauen und Männer gleich häufig betroffen:
Alter <50 J.       10 - 15%
Alter 50-70 J.    ~30%
Alter >70 J.       ~50%

Die Dickdarmdivertikel sind bauliche Veränderungen, bei denen Schleimhautanteile (Mukosa und Teile der Submukosa) durch Schwachstellen der Darmwand (bedingt durch Blutgefäße, die durch die Darmwand verlaufende) nach außen treten. Fachlich sprich man von einem Pseudodivertikel. In westlichen Ländern sind die Divertikel vorwiegend im linken Dickdarm (Kolon) zu finden, in asiatischen Ländern im rechten Kolon.
Ursachen der Divertikelbildung
Es besteht ein Nervenschaden in den Nerven des Darms (enterische Neuropathie) mit baulichen und funktionellen Veränderungen. Die Nerven sind zahlenmäßig geringen und kleiner (oligoneuronale Hypoganglionose). Veränderungen der Rezeptoren und Signalverarbeitung sind beschrieben worden. Man geht davon aus, dass es dadurch zu Störungen der Darmbeweglichkeit (Motilität) und Empfindung (Sensitivität) kommt. Die Darmwände zeigen eine Zunahme von Ring- und Längsmuskulatur (Myochosis coli).
Unklar ist, welche Veränderung Ursache oder Folge ist.
Ballasstoffmangel, Bewegungsmangel, hoher Fleisch- oder Fettanteil der Nahrung, Rauchen und Verstopfung werden zwar immer angeschuldigt. Diese Faktoren sind wissenschaftlich nicht gut belegt.
Hingegen gibt es aus Zwillingsstudien gute Hinweise, dass genetische Aspekte eine bedeutende Rolle spielen.
Risikofaktoren einer Divertikelkrankheit
Sobald Beschwerden durch Divertikel (Divertikulose) auftreten spricht man von einer Divertikelkrankheit.
Risikofaktoren sind ballaststoffarme Ernährung, hoher Fleischanteil der Nahrung und Rauchen. Nüsse, Mais, Körner oder Popcorn gehören  nicht dazu.
Ungünstige Effekte sind durch folgende Medikamente nachgewiesen:
Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR ), wie z.B. Ibuprofen und Diclofenac, erhöhen das Risiko für Beschwerden um den Faktor 5. Das Risiko einer Perforation (Loch in der Darmwand) beträgt 1.8 - 3.6. Zusätzlich ist das Risiko einer Divertikelentzümdung (Divertikulitis) erhöht.
NSAR und Ass gehen mit einem gesteigerten Risiko einer Divertikelblutung einher.
Steroide und Opioide erhöhen das Risiko einer Divertikelperforation.

Verlauf
In 10 Jahren beträgt das Risiko einer Divertikulitis ~4%.
75% der Divertikulitiden verlaufen ohne Komplikationen. Von diesen Patienten werden 90% erfolgreich konservativ therapiert. Ca. 1/3 erleidet ein Rezidiv, ca. 90% davon innerhalb der ersten 5 Jahre.
Das Risiko einer Rezidivblutung wird mit 10% in 1 Jahr sowie 30% in 5 Jahren angegeben. Eine Divertikelblutung ist kein Grund eine indizierte Antikoagulation oder Thrombozytenaggregationshemmung dauerhaft abzusetzen.

Stadien
Klassifikation nach Hinchey, modifiert nach Wasvary, teilt die Stadien hinsichtlich des operativen Vorgehend ein:
Hinchey I    lokalisierter Abszess
Hinchey II   ausgedehnter mesenterialer Abszess
Hinchey III   freie Perforation
Hinchey IV Peritonitis

Klassifikation gemäß Leitlinie der DGVS lehnt sich an die Klassifikation von Hansen und Stock an und erfasst akute komplikationsfreie und chronische Verläufe:
Typ 0                     Asyptomatische Divertikulose
Typ 1                     Akute, unkomplizierte Divertikelkrankheit/Divertikulitis
  Typ 1a                   Divertikulitis ohne Umgebungsreaktion
  Typ 1b                   Divertikulitis mit phlegmonöser Umgebungsreaktion
Typ 2                     Akute, komplizierte Divertikulitis
  Typ 2a                   Mikroabszess  [<1 cm]
  Typ 2b                   Makroabszess [>1 cm]
  Typ 2c                   freie Perforation
  Typ 2c1                 eitrige Peritonitis
  Typ 2c2                 fäkale Peritonitis
Typ 3                     Chronische Divertikelkrankheit
  Typ 3a                   symptomatische, unkomplizierte Divertikelkrankheit (SUDD)
  Typ 3b                   Rezidivierende Divertikulitis ohne Komplikation
  Typ 3c                   Rezidivierende Divertikulitis mit Komplikation [Stenose, Fistel, Konglomerate]
Typ 4                     Divertikelblutung

Diagnostik
Anamnese, klinische Untersuchung, Labor und Sonografie sowie ggf. Schnittbildgebung. Bei einer Blutung kommt es zu einer Ruptur der Vasa recta im Divertikelhals. Hier ist nach Vorbereitung zeitnah eine Koloskopie angezeigt.

Therapie
Lifestyle
In prospektiven bevölkerungsbasierten Studien waren die regelmäßige Einnahme von Aspirin, Paracetamol und NSAR (z.B. Diclofenac, Ibuprofen).
Übergewicht bzw. Adipositas, geringe Ballaststoffzufuhr (ballaststoffarme bzw. faserarme Kost) sowie geringe körperliche Aktivität mit einem erhöhten Risiko einer Divertikulitis, Rauchen mit einem erhöhten Risiko von Divertikulitiskomplikationen assoziiert.
Vegetarische und ballaststoffreiche Kost sowie regelmäßige körperliche Aktivität waren mit einem reduzierten Divertikulitisrisiko assoziiert.
Die empfohlenen Lebensstilmaßnahmen dienen auch der primären Prävention von anderen Erkrankungen, z. B. kardiovaskulären Erkrankungen und einigen Krebserkrankungen.

Akute unkomplizierte Divertikulitis
Es erfolgt in der Regel eine systemische Antibiose mit z.B. Cefalosporin + Metronidazol oder Gyrasehemmer + Metronidazol - auch wenn das nicht evidenzbasiert ist. Daher kann bei einer unkomplizierten Divertikulitis im linken Hemikolon bei engmaschiger Kontrolle auf eine Antibiose verzichtet werden.
Da es keine guten Prädiktoren für den Verlauf gibt, ist die Auswahl der Patienten problematisch. Riskiofaktoren für einen komplizierten Verlauf sind arterieller Hypertonus, chronische Nierenerkrankung, Immunsuppresion und allergische Disposition.

Akute, komplizierte Divertikulitis
Hier ist eine stationäre Behandlung angezeigt und eine systemische Antibiose notwendig. Nulldiät und Ballaststoff-arme oder -feie Kost sind nicht generell notwendig, können je nach Schweregrad verordnet werden. Parenterale Volumengaben sind nur bei unzureichender oraler Zufuhr angezeigt.
Als Antibiotika kommen in Betracht: Cefalosporin (II. oder III. Generation) + Metronidazol, Gyrasehemmer (Gruppe II) + Metronidazol, Ampicillin/Sulbactam, Piperacillin/Tazobactam oder Gyrasehemmer Gruppe IV. Meist reicht die Gabe über 5-7 Tage aus.
Bei unzureichendem oder fehlendem Ansprechen, Perforation oder Peritonitis muss operiert werden.

Chronische Divertikelkrankheit
Zum Typ 3a gibt es keine allgemeine Empfehlung aufgrund der zu geringen Datenlage.
Zum Typ 3b wird Mesalazin 3 x 1 g über 6 Wochen als Therapieoption als “Kann”-Option angegeben, jedoch besteht für Mesalazin in Deutschland die Zulassung für diese Indikation nicht - d. h. off label use.

Operationsindikationen
Typ 1 - beim Vorliegen für o.g. Risikofaktoren kann (!) eine OP erwogen werden.
Typ 2a/b - bei unzureichendem Ansprechen auf konservative Therapie
Typ 2b - Falls nicht binnen 72 h besser oder Drainage nicht gelingt
Typ 2b - Nach ausgeheiltem Makroabszess, im freien Intervall aufgrund des hohen Rezidivrisikos.
Typ 2c - OP
Typ 3c - Bei Fistel und bei signifikanten Stenosen.
Typ 4 - Bei anhaltender, endoskopisch nicht beherrschbarer Blutung sowie nach der ersten Rezidivblutung
Dr. Wolfgang Mönch
Hagenskamp 34, D-29525 Uelzen
T +49581830
anwmoench@dr-moench.de
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